Italian Affair

Ich gestehe, ich hatte eine Affäre, ihr Name war Giulia. Giulia kommt aus Italien, sieht vor allem in rot gekleidet verführerisch gut aus und ist eigentlich grundverdorben. Und ja, wir hatten Verkehr. Aber bevor sich der Leser jetzt in der Hoffnung auf ein paar sexuelle Schlüpfrigkeiten ein paar Snacks und ein Glas Rotwein aus der Küche holt, es ist nicht so wie es aussieht. Giulia kommt nämlich aus bekanntem Hause, dem Hause Alfa Romeo, der etwas verrückten Familie mit den schönen Autos aus Turin.

 

Als Liebhaber von Achtzylindern, bevorzugt verbaut in Amerikanern der späten Sechzigerjahre, hatte ich also so etwas wie einen Ausrutscher. Einen heftigen Ausrutscher, mit sechs Zylindern in V-Formation und zwei eng anliegenden Turboladern. Wie konnte das nur passieren?

Heimliche Liebe

Es ist schon eine Weile her, dass ich die Giulia in einer sehr, sehr zivilen Version zumindest für die Fahrt zum Flughafen für eineinhalb Stunden mein Eigen nennen durfte. Und ich war sofort verknallt, in die gefälligen Formen, dieses sündige rot, diese Vita, sie wurde zu meiner, naja, für die, die mich kennen, nicht ganz so heimlichen Liebe. Doch, es sollten noch viele Monde über den Himmel huschen, bis ich die QV in meinen eigenen, leicht schwitzigen Händen halten und ihr fernab staatlicher Strassenaufsicht meine Liebe gestehen konnte.

 

Im Zuge einer sehr geschätzten Kooperation mit Emanuel Elsa vom Number One Magazine durfte ich die Tage in Balocco, nahe Mailand und Turin meinen lange unterdrückten Trieb ausleben. Den Trieb, eine Alfa Romeo Giulia Quadrifoglio Verde unter vollem Materialeinsatz um den Track zu scheuchen als ob es um Leben oder Tod ginge. Und ja, wir haben einige lebensverachtende Manöver vollbracht und ich kann von Glück reden, war Pirelli auch auf dem Gelände und hat uns im Zuge einer Reifenflatrate mit griffigen Gummis versorgt. Nicht nur deswegen war dieser Event unbezahlbar.

Eye Candy

Die zwei Tage in der Lombardei waren geprägt von Traditionen, Emotionen, der weltbekannten Gastfreundschaft der Italiener, einem Besuch im hauseigenen Museum der Marke und der Narrenfreiheit in Balocco, Alfa Romeos berühmte Motorstadt mit eigener Rennstrecke. Ein wunderbarer Ort um dem Achtjährigen in meinem Kopf und mein heutiges Ich mit potentiell ungesundem Süsskram aus Italien vollzustopfen. Und es war wunderbar, wieder ein Alfisti zu sein. Trotz meiner Leidenschaft zu grossen, von Vergasern gethronten Achtzylindern fiel ich wieder in diesen Taumel, der Faszination über die Verrücktheit der Turiner Autoschmiede, welche nun endgültig wieder auf dem Radar auch jener Petrolheads aufgetaucht ist welche sich tendenziell weniger mit italienischen Derivaten beschäftigen. Man kommt zur Zeit einfach nicht um Alfa Romeo herum, hat man denn eine Schwäche für schön gezeichnete, viertürige Limousinen mit Bumms.

Die Verrückte

Die Giulia QV ist gemäss meinen grossen Erwartungen ein Meisterwerk an Verführung und schlechten Manieren. Sie war betörend, laut und gewaltbereit, in den Schikanen, auf den langen Geraden, in den engen Kurven und vor allem aus diesen engen Kurven raus. Meine Liebe zu Alfa Romeo ist wieder aufgeflammt, heiss und feurig und würde nicht direkt sagen dass ich es bereue, mir kürzlich einen vergleichsweise langweiligen Daily Driver aus Stuttgart in die Garage geholt zu haben. Doch hätte ich die QV zuerst Probe gefahren, es wäre vielleicht alles anders gekommen. Aber, das wusste ich eigentlich schon vorher, deswegen liess ich die Finger von der schönen Italienerin, es wäre eine Entscheidung mehr aus dem Herzen, weniger aus Vernunft geworden. Und ich müsste jetzt doch noch Gitarre lernen, weil, ein Schlagzeug in seiner vollen Pracht kriege ich auch mit aller Gewalt nicht in die Giulia rein und einen Kombi gibt’s nicht. Dafür gibt’s den stämmigen Bruder, den Stelvio QV, dieselben Gene, aber leider nicht diese tollen, filigranen Formen. Trotzdem, beide sind definitiv nicht von schlechten Eltern. Und es beweist mal wieder eindrücklich, Fahrspass lässt sich nicht an einer Marke, an einem Konzept oder an irgendwelchen Zahlen festschrauben. Es geht schlussendlich immer um die Seele des Gefährts und der Verwandtschaft, welche man zu dazu empfindet. Und Seele, davon hat man bei Alfa Romeo ziemlich viel, verrückt viel.

Wer mehr von meinem Ausflug in die Lombardei sehen und lesen will, demnächst erscheint im Number One Magazine ein ausführlicher Artikel über meinen Besuch bei der Familie Alfa Romeo in ihrem ganz privaten Spielzimmer. Ich hoffe, es gefällt dem Leser mindestens genau so, wie mir der Besuch in Balocco gefallen hat. Grazie Alfa Romeo.

Autor: Markus

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